Crowdfunding – von kleinen Fischen und großen Träumen

Crowdfunding ist im Trend. Immer mehr Menschen helfen Gründern dabei, ihre Träume wahr werden zu lassen. Hat sich im Jahr 2019 nur jeder elfte Deutsche an einer Kampagne beteiligt, war es im Jahr 2020 bereits jeder sechste – Tendenz steigend.

Foto: Adobe Stock

Autorin: Lena Kube

Lange blieb er nahezu unentdeckt, zuweilen versteckte er sich regelrecht inmitten der Vielzahl anderer Fische – sicher, unser kleiner gelb-goldener Freund galt als Träumer. Doch plötzlich zeigte er sich und seine Idee, überzeugte und der große Fischschwarm folgte ihm schließlich auf seinem überraschenden neuen Weg …

Nein, wir wollen hier keine Märchengeschichte erzählen, doch passt das Bild zu deutlich zur Idee des sogenannten Crowdfunding – zu Deutsch der Schwarmfinanzierung. Doch was ist Crowdfunding überhaupt? Kurz erklärt: Viele Privatpersonen investieren in ein Projekt. Wie sich diese Finanzierung gestaltet, könnte unterschiedlicher kaum sein. Von einfachen Spenden über Vorverkaufsaktionen bis hin zu Risikokapitalanlagen – Crowdinvesting genannt – gibt es die unterschiedlichsten Modelle.

Das Grundprinzip bei allen Formen heißt: Gemeinsam stark! Wer eine kreative Idee in die Tat umsetzen möchte, sucht sich Mitschwimmer, die ihn unterstützen und oft kleine oder große Träume wahr werden lassen. Zurück zu unserem kleinen Fisch: Stromschnellen drängen ihn schnell von seinem Kurs ab. An jeder Ecke könnte auch ein Hai lauern. Der reißende Strom mag mal der Alltag sein, der kreative Köpfe in seinen engen Fängen hält. Der Hai all die Stimmen, die sagen: „Das schaffst du nie!“ Damit Ideen nicht in der Schublade bleiben, gilt es, Mitschwimmer um sich zu vereinen.

Dreh- und Angelpunkt einer jeden Crowdfunding-Kampagne ist es, Unterstützer für sich und sein Projekt zu gewinnen. Wie das gelingt? Klar ist: Spendenkässchen sind von gestern. Im digitalen Zeitalter findet sich die Ideenbörse im Internet, genauer gesagt auf Crowdfunding-Plattformen. Wer Unterstützer oder Investoren sucht, muss hier präsent und aktiv sein. Und sein Publikum gewinnen.

Das A & O – die Plattformen

Vorhang auf! Dabei sind die Portale eine wahre Bühne voller Geistesblitze und Visionen. Einmal eingetaucht, lassen sie Neugierige und Beobachter oder eben auch Investoren nur schwer wieder los. Unzählige Projekte können hier entdeckt werden, die Bandbreite der Ideen reicht von „Muss-ich-haben“ bis „Braucht-kein-Mensch“. Wer eine eigene Idee auf eine Crowdfunding-Plattform bringen will, sollte schon über einen kleinen Unterstützerschwarm verfügen, um das Vorhaben via Freunde und soziale Netzwerke weiterzuverbreiten.

Crowdfunding basiert auf Vertrauen und Unterstützer wollen wissen, wer sich hinter einem Projekt verbirgt. Hilfreich sind hier beispielsweise aussagekräftiges Bildmaterial oder ein auf die Zielgruppe zugeschnittenes Pitch-Video. Die Frage ist immer: Wie überzeuge ich den Schwarm von meiner Idee? „Geldgeber fragen nicht nach Rendite. Sie geben Geld, weil sie das Produkt oder die Idee gut finden“, sagt Tino Kreßner, Mitgründer der Crowdfunding-Plattform Startnext (siehe Interview).

Die meisten Crowdfunding-Plattformen, beispielsweise das international bekannteste Portal Kickstarter, funktionieren nach dem „Alles-oder-nichts-Prinzip“. Jede Kampagne muss ein Finanzierungsziel angeben sowie einen Projektzeitraum. Wird der Betrag innerhalb der erlaubten Frist nicht erreicht, gehen die Gründer leer aus und alle Unterstützer bekommen ihr Geld zurück. War das Crowdfunding hingegen erfolgreich, wandern die Beträge von den Unterstützern auf das Konto der Gründer.

Insektenstichheiler – die Erfolgsstory

Heat_it entstand dank Crowdfunding. Foto: PR

Viele Plattformen heimsen dabei einen Anteil von drei bis fünf Prozent als Gebühr ein. Trotz dieses kleinen Minus öffnet diese „Schwarmfinanzierung“ vielen jungen Gründern die Türen – so auch dem jungen Start-up Heat_it. Das Smartphone ist dank einer cleveren Erfindung von Heat_it die neue Wunderwaffe gegen juckende Insektenstiche. Fast 2000 Menschen glaubten an die Idee und ebneten so den Weg für das junge Start-up. Heute, knapp zwei Jahre später, tragen immer mehr Menschen den Heat_it am Schlüsselbund – ein winziger Stecker für die Ladebuchse des Smartphones, kaum größer als ein Stück Würfelzucker. Nach einem Mücken-, Bienen- oder Wespenstich erhitzt der kleine Wärmeaufsatz die betroffene Hautstelle. Der Juckreiz ist in wenigen Augenblicken passé.

Lukas, Stefan, Armin und Christof sind die kreativen Köpfe hinter der Idee. Die vier Studenten bastelten bereits im Jahr 2017 an Prototypen, nahmen mit ihrem kleinen „Insektenstichheiler“ an Erfinderwettbewerben teil. So bahnbrechend ihr Einfall zu sein scheint, eine Hürde stellte sich ihnen: die Finanzierung. Denn der Heat_it ist kein simples Gadget für das Smartphone, sondern ein Medizinprodukt. Und die Markteinführung teuer.

Damit aus der Idee Realität werden konnte, benötigten die vier Studenten finanzielle Hilfe und baten die Internet-Community um Unterstützung. Ihr Ziel: Sie wollten innerhalb von eineinhalb Monaten 12.000 Euro sammeln. Doch kaum war die Idee im Netz, zeigte sich, wie viele Menschen den Jungs vertrauen und ihre Erfindung lieben. Die Studenten überzeugten den „Schwarm“ von ihrer Idee.

„Abends haben wir dann erst einmal eine kleine Party geschmissen“

Bereits nach nur acht Stunden, quasi über Nacht, erreichten sie ihr Fun­ding-Ziel von 12.000 Euro. „Abends haben wir dann erst einmal eine kleine Party geschmissen“, sagt Gründer Lukas Liedtke im Gespräch mit flin. Mit Erhalt der Summe folgen die Verpflichtungen. Der Grund: Oft haben die Gründer ihren Unterstützern Gegenleistungen ver­sprochen. Mal sind diese ideeller Natur, eine Dankeskarte flattert ins Haus oder die Helfer werden auf Social Media erwähnt. Mal ist das Crowdfunding wie eine Vorverkaufsaktion angelegt. So war das bei Heat_it: „Als Gründer steht man dann in der Pflicht“, erklärt Lukas Liedtke im Interview mit flin. „Rein rechtlich ist es ein Kaufvertrag.“

Insgesamt sammelten die Studenten über die Plattform Startnext in eineinhalb Monaten 80.238 Euro: „Wir hätten nie gedacht, dass wir einen so hohen Betrag erreichen!“ Heute gilt: Juckende Insektenstiche gehören mancherorts bereits der Vergangenheit an, der Heat_it ist auf dem Markt und stiftet Nutzen.

Crowdfunding für einen guten Zweck

Alle für einen – einer für alle! In Zeiten der Krise hält die Onlinecom­munity zusammen. Beim spendenbasierten Crowdfunding wird Geld für einen guten Zweck gesammelt. Hinter den Kampagnen ver­bergen sich nicht etwa junge Start-ups oder Gründer, sondern Men­schen, aber auch Vereine und Kommunen, die Hilfe brauchen. Viele von ihnen stecken in echten Schwierigkeiten.

Es sind Geschichten, die berühren. Familien, die nach einem Haus­brand mit leeren Händen dastehen, schildern ihre Not. Andere bitten um finanzielle Unterstützung für eine dringend benötigte Schaukel für den Kindergarten, ein neues Instrument für die Jugendband oder Gelder für das Schullandheim.

Solidarität hat gerade in den vergangenen Monaten einen neuen Stellenwert bekommen. Auf den Crowdfunding-Plattformen tum­meln sich die Hilferufe vieler Einzelunternehmer. Coronavirus-Fundraising hat die Bühne be­treten. Die folgende Geschichte zeigt, welche Kraft hinter der Netzge­meinde – dem „Schwarm“ – stecken kann. Markus Muth kann davon erzählen. Er ist Inhaber des Stövchens, einer kleinen Kneipe in der Karlsruher Innenstadt. Viele Besucher bezeichnen sie mit ihrer Wohlfühlatmosphäre liebevoll als „zweites Zuhause“. Als die zweite Coronawelle heranrollt und die Restaurants ihre Türen abermals schließen müssen, wird das Geld knapp. „Es war komplett unmöglich, es aus eigener Kraft zu schaffen“, sagt Markus Muth im Gespräch mit flin.

Crowdfunding rettete das Stövchen

Er startete auf der Plattform GoFundMe die Kampagne Rettet das Stövchen. Eine entscheidende Frage: Stehen die Stammgäste und Freunde ihrer Kneipe in dieser schweren Zeit beiseite? Die Antwort lautete: Ja! „Es war überwältigend“, erzählt Markus Muth. Bereits nach knapp zwei Wochen war die Spendensumme von 15.000 Euro erreicht. „Man fühlt sich total aufgefangen.“

„Man fühlt sich total aufgefangen“

Crowdfunding basiert auf dem Prinzip des Vertrauens. Damit Betrü­ger kein leichtes Spiel haben, überprüfen einige Crowdfunding-Plattformen vor Auszah­lung der Funding-Summe die Identi­täten. Im Fall des Stövchens lief das nicht reibungslos: „Es hat mehrere Wochen ge­dauert, bis das Geld auf meinem Konto war“, so Muth. Auf Englisch versuchte er der Crowdfunding-Plattform in zahlreichen Mails zu versichern, dass er tatsächlich derjenige ist, dem der Betrag zusteht. Derjenige, dem über 280 Spender finanzi­ell unter die Arme greifen möchten.

Die Geschichte nahm trotz der administrativen Hürde eine positive Wendung. Die Funding-Summe erreichte ihren rechtmäßigen Be­sitzer, das Stövchen ist vorerst über den Berg. Es ist nur eines von vielen Beispielen, das zeigt: Crowdfunding kann Existenzen retten. Ob Lieblingscafé in der Stadt oder Kino um die Ecke – ein jeder kann mit einem einfachen Klick helfen.

Crowdinvesting und Crowdlending

Wolkenkratzer und moderne Wohnquartiere: Die Schwarmfinanzie­rung erobert auch den Immobilienmarkt. Ein Blick auf die Zahlen lässt staunen. Die Deutschen haben im Jahr 2020 über Crowdfun­ding-Plattformen 254,9 Millionen Euro in Immobilien investiert. 2700 neue Wohneinheiten sprießen dank dem Geld der „Crowd“ aus dem Boden.

Crowdinvesting und Crowdlending heben das „einfache“ Crowdfun­ding auf eine höhere Ebene. Millionensummen wandern über den Tisch. Ein jeder kann sich bereits mit kleinen Beträgen an der Finan­zierung großer Projekte beteiligen. Der Immobilienmarkt verliert seine hohe Einstiegsschwelle – das reizt. Die Plattformen verspre­chen Anlegern und Investoren hohe Renditen. Das gemeinsame Ziel: Gewinn erzielen!

„Fragen Sie sich immer, ob Sie einen finanziellen Verlust ver­kraften können“

Beim Crowdlending wird – das Wort verrät es – Geld verliehen. Es handelt sich um einen Kredit, den viele Privatpersonen gemeinsam einem Unternehmen zur Verfügung stellen. Das Unternehmen muss das Geld nach Ablauf der Frist zurückzahlen – einen Zins obendrein.

Beim Crowdinvesting wird hingegen ein Unternehmensanteil er­worben. Gewinnt die Firma, gewinnen auch die Anleger. Wer an eine Geschäftsidee glaubt, kann über die Internet-Portale einsteigen. Ob Biobrot-Bäckerei, Solarpanels für Afrika oder der Bau einer Kinder­klinik: Fingerspitzengefühl ist gefragt. Welche Geschäftsidee wird wohl die größte Rendite erzielen?

Die Renditen wirken verlockend. Schnell sind mal hundert, mal tausend Euro investiert. Doch hohe Gewinnversprechen bedeu­ten auch immer ein hohes Risiko. Wer in das Crowdinvesting oder Crowdlending einsteigt, bewegt sich im sogenannten grauen Ka­pitalmarkt. Weniger Regularien, keine Einlagensicherung. Anleger müssen sich bewusst sein, dass die Bundesfinanzaufsicht (BaFin) die Projekte nicht so genau überwacht.

Scheitert das Projekt, ist das Geld für den Crowd-Anleger oft weg. Die Verbraucherzentrale rät: „Fragen Sie sich vor einem Crowdin­vesting immer, ob Sie einen finanziellen Verlust im Zweifelsfall ver­kraften können und wollen.“ Auch die Sparkassen empfehlen eine genaue Prüfung und raten zur Vorsicht.

Der „Schwarm“ der Online-User kann mit Crowdinvesting und Crowdlending wahrlich Großes bewegen. Auf der anderen Seite birgt das Finanzierungsmodell für Anleger einige Fallstricke. Ein Tipp der Verbraucherzentrale, um das Risiko zu minimieren: Nie­mals das ganze Kapital in ein einziges Projekt investieren.

Ob Sparfüchse, Weltverbesserer oder Gründer – mit seinen zahl­reichen Facetten bringt das Crowdfunding die unterschiedlichsten Menschen zusammen. So verschieden die Ansätze auch sein mö­gen, eines haben alle Modelle des Crowdfundings gemein: Hinter ei­nem jeden Projekt steckt der Schwarm und einer, der den Schwarm in Bewegung gebracht hat. Zuweilen ein gelb-goldener Fisch…

99 Funken ist eine Crowdfunding-Plattform der Sparkassen.

Auch die Sparkassen helfen Gründern mit Crowdfunding

Sparkassen, die #Crowdfunding unterstützen Die Finanzierung eines Start-ups ist eine Herausforderung. Gründer sind beim #Crowdfunding jedoch nicht auf sich alleine gestellt. Zahlreiche Sparkassen bieten ihre Unterstützung an:

  • Crowdfunding-Plattform 99 Funken: Dies ist ein Crowdfunding-Portal auf Initiative regionaler Sparkassen. Die Bandbreite der Kampagnen reicht von Sport über Soziales bis zu Bildung und Kultur. Über das Co-Funding-Modell ist eine zusätzliche Förderung durch die Sparkasse möglich.
  • Option Munich Crowd: Ob Imagefilm, Logo oder professionelle Fotos – für den Erfolg einer Crowdfunding-Kampagne sind meist kreative Dienstleistungen notwendig. Die Stadtsparkasse München bietet in Kooperation mit der bayrischen Landeshauptstadt die Option Munich Crowd. Die Stadtsparkasse berät umfassend zum Finanzierungsmix, die Stadt München vergibt – geeignete Idee vorausgesetzt – einen Zuschuss von bis zu 3.000 Euro für Kreativleistungen.

Finanzierungsmix aus Eigen- und Fremdkapital

Start-up-Berater Nikola Nikolic von der Stadtsparkasse München erklärt: „Wir empfehlen immer einen Finanzierungsmix aus Eigen- und Fremdkapital.“ Neben dem klassischen Fremdkapital kann ein zinsfreies Friends-and-Family-Darlehen oder ein öffentliches Förderdarlehen den Startups unter die Arme greifen. Ein weiterer Baustein im Finanzierungsmix ist das Crowdfunding. Doch wozu zählt das dabei erworbene Geld? Welche Regelungen müssen Gründer vor dem Start einer Crowdfunding-Kampagne beachten?

Hier wird es etwas kniffelig: Mal darf die durch Crowdfunding erworbene Summe wie eine Spende betrachtet werden und zählt zum Eigenkapital. Wird dem Unterstützer der Kampagne allerdings eine Gegenleistung versprochen, ist das gesammelte Geld eine Betriebseinnahme, ein sogenannter vorgelagerter Umsatz. Gründer dürfen dann nicht einfach ihre private Bankverbindung nutzen, sondern müssen ein Geschäftskonto anlegen.

Crowdfunding und Banking sind kein Widerspruch, sondern eng miteinander verwoben. Doch die Hierarchien haben sich in den vergangenen Jahren geändert. Nikola Nikolic erklärt abschließend: „Es gab eine Zeit, da hat der Banker und Investor entschieden, ob eine Idee eine gute Idee ist. Aber die Zeiten haben sich geändert – heute entscheidet das öfter die Zielgruppe!“

5 Gründe, eine Crowdfunding-Kampagne zu unterstützen

  1. Lieblingsidee real werden lassen. Womöglich gibt es bereits die Idee, auf die Sie ein Leben lang gewartet haben. Und sie wartet noch auf Unterstützung.
  2. Gutes per Mausklick tun. Ob Bäume pflanzen oder für ein Krankenhaus spenden. Soziale Projekte unterstützen, die die Welt ein Stück besser machen.
  3. Innovationen sichern. Über Pre-Selling-Kampagnen neueste Produkte vorbestellen, bevor die Produktion startet.
  4. Neugierde stillen und Horizont erweitern. Die Plattformen laden zum stundenlangen Stöbern ein.
  5. Teil einer spannenden Vision sein. Bereits mit niedrigen Summen bei der Finanzierung großer Projekte einsteigen.

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„Die eigene Idee auf den Punkt bringen“

Tino Kreßner, Mitgründer der Crowdfunding-Plattform Startnext

flin: Herr Kreßner, was sind die drei wichtigsten Erfolgsfaktoren für das Crowdfunding?

Kreßner: Erstens: Die eigene Idee auf den Punkt bringen. Zweitens: Die Macher und das Projekt authentisch in einem Pitch-Video vor­stellen. Drittens: Die Idee in die Welt hinaustragen und die pas­sende Zielgruppe für das Projekt ansprechen.

Wie gewinnen Gründer die „Crowd“ für ihre Projekte?

Geldgeber beim Crowdfunding fragen nicht nach Rendite oder kurzfristigen Rückzahlungen. Sie geben Geld für ein Projekt, weil sie das Produkt oder die Idee gut finden. Sie fragen nicht nach Business-Plänen, sondern hinterfragen Pro­duktionsbedingungen, interessieren sich für die verwendeten Materialien und die Menschen hinter dem Projekt.

Welche Ideen werden von der Plattform Startnext gefördert?

Startnext fördert besonders nachhaltige Gründungen, reflektierte und transparente Produktionsprozesse und gibt Unternehmern die Chance, ihre wirkungsorientierte Idee in den Fokus zu stellen – nicht ihre geplante Rendite.

Welche finanziellen Risiken gibt es beim Crowdfunding?

Das gegenleistungsbasierte Crowdfunding auf Startnext ist dar­auf ausgelegt, für beide Seiten so risikofrei wie möglich zu sein. Die während des Finanzierungszeitraums eingesammelten oder zugesagten Gelder werden nach dem Alles-oder-nichts-Prinzip ausgezahlt. Bis zum Erreichen des Finanzierungsziels werden sie treuhänderisch verwaltet. Wenn das Finanzierungsziel nicht er­reicht wird, erhalten die Unterstützer ihr Geld zurück.

Unterstützern wird oft eine Gegenleistung versprochen. Dürfen sie sich darauf verlassen?

Crowdfunding ist kein Onlineshop. Im Crowdfunding werden Menschen unterstützt, ihre Ideen und Projekte umzusetzen. Auf dem Weg können neue, unbekannte Herausforderungen entste­hen und so zu Lieferverzögerungen führen. Unterstützer sollten damit rechnen, dass die angegebenen Lieferzeiten nicht immer eingehalten werden.

Was lehrt uns die Pandemie?

Im coronabedingten Lockdown hat Startnext gezeigt, dass Crowdfunding ein partizipatives, schnelles und unbürokrati­sches Instrument ist, unsere Wirtschaft zu stärken. In Hilfs­aktionen wurden innerhalb neun Monaten circa 20 Millionen Euro an rund 2.200 Projekte verteilt – von 225.000 Unter­stützern gemeinsam mit privatwirtschaftlichen Unternehmen.

Crowdfunding liegt im Trend – wo geht die Reise hin?

Die Beträge, die in Deutschland durch Crowdfunding erreicht werden, sind für viele Vorhaben noch zu klein. Relevante Marktein­tritte können darum durch Crowdfunding al­leine nicht ermöglicht werden. Darum müssen wir Crowdfunding mit anderen Finanzierungsin­strumenten verknüpfen, etwa mit Sponsoring oder Bankkrediten. Dann stoßen aber oft bürokratische Pro­zesse auf das innovative und agile Crowdfunding.

Welche Kampagne hat Sie persönlich besonders berührt?

Es ist schwer zu beantworten, welches Projekt mich am meisten berührt hat, weil es über die Jahre so viele Facetten von Emotio­nen geworden sind. Als ehemaliger Filmemacher bin ich stolz auf das Projekt „WEIT. Die Geschichte von einem Weg um die Welt“, das 2017 zur erfolgreichsten Kino-Dokumentation Deutschlands wurde. Der Film erzählt von einer außergewöhnlichen Reise um die Erde. Ohne zu fliegen und mit einem kleinen Budget in der Tasche erkunden die Protagonisten über drei Jahre die Welt.

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