Warum hält Alper Turfan das oscarprämierte Feel-Good-Drama „CODA“ für überwertet, obwohl auch bei ihm die Tränchen flossen? Das erklärt er in seiner flin-Kolumne „Serienreife“. Zudem gibt er einen absoluten Geheimtipp für Science-Fiction-Fans.
Wahrscheinlich haben es mittlerweile selbst isolierte Volksgruppen in Südamerika mitbekommen: Bei der 94. Oscarverleihung gab es eine handfeste Überraschung von Will Smith. Bei all den Skandalen ist wohl die wahre Überraschung, dass tatsächlich noch Filmpreise überreicht wurden! Dieses Mal fand sogar ein jahrelanges Wettrennen sein Ende: Apple setzte sich durch und konnte als erster Anbieter eines Streamingportals einen Film ins Rennen schicken, der den wichtigsten Preis der Filmwelt einheimsen konnte: „CODA“!
Die Abkürzung steht für „Kinder gehörloser Eltern“ und der Film dreht sich um eine solche Teenagerin mit wohlgeölter Stimme. Den Erfolg des Feel-Good-Dramas kann ich aber nicht ganz nachvollziehen. Als ich den herzergreifenden Film sah, schimpfte ich, dass das nichts weiter als ein vorhersehbarer und plumper Fernsehfilm sei, in dem sich Probleme magisch in Luft auflösen, und bat meine Freundin mit verheultem Gesicht um ein Taschentuch.
Über zehn Millionen neue Abos für Apple TV+
Außer mir einen Tränenwasserfall zu entlocken, hat der Film aber noch etwas anderes geschafft: Seit der Preisverleihung konnte der Streamingdienst Apple TV+ ein gewaltiges Plus an neuen Nutzern verzeichnen, genauer gesagt über zehn Millionen neue Abonnements. Bevor jetzt aber alle „CODA“ gucken und ihr Abo vorschnell kündigen: Moment!
Die Streamingplattform bietet gerade im Serienbereich einige echte Knaller. Die leichtfüßige Comedyserie „Ted Lasso“ zum Beispiel über einen Fußballtrainer, der ein reineres Herz hat als ein drei Tage alter Golden Retriever. Die Comedyserie punktet mit Liebe fürs Detail. Hier rennen nicht nur Profis recht realitätsgetreu übers Fußballfeld, sondern auch die Running Gags.
Oder die Science-Fiction-Perle „For All Mankind“, die sich die Frage stellt, wie die Welt wohl ausgesehen hätte, wenn der Wettlauf ins All nie geendet hätte und wir eine Basis auf dem Mond errichtet hätten. Die bisher erschienenen zwei Staffeln sind ein absoluter Tipp für Science-Fiction-Fans. An dieser Stelle möchte ich auch die Streamingplattform selbst loben, weil die Seite der Serie durch eine Menge Hintergrundinformationen und Behind-the-Scenes-Material ergänzt ist.
Davon sollte sich die Konkurrenz eine Scheibe abschneiden (ich spreche mit dir, Amazon Prime Video). Fans von Videospielen hingegen sollten sich eine ganz andere Serie nicht entgehen lassen. In „Mythic Quest“ wird ein Online-Rollenspiel à la World of Warcraft persifliert und als Kulisse genutzt, um all das zu präsentieren, was eine gute Comedyserie so ausmacht: schräge Figuren, gelungene Gags und eine fesselnde, gefühlvolle Geschichte, die genauso sehr berührt wie „CODA“.
Ich brauche mehr Taschentücher.