In den letzten Jahren ist so vieles passiert, das ich zuvor nie für möglich gehalten habe. Videospielverfilmungen sind endlich gut, Künstliche Intelligenzen schreiben (und produzieren) Serien und ich empfehle eine offizielle Star-Wars-Serie als Geheimtipp! Wenn vor zehn Jahren eine Star-Wars-Serie angekündigt wurde, musste ich die Unterwäsche wechseln.
Autor: Alper K. Turfan
Der größte Hype, den ich je erlebt habe, war 2015, als Das Erwachen der Macht erschien. Selbst im Supermarkt waren die Stricksocken in der hintersten Ecke mit Yodas schrumpeligem Gesicht oder Harrison Fords ikonischer Narbe gesäumt. Habt ihr euch mal gefragt, welche Trottel den ganzen Mist kaufen? Ähem. Noch immer lacht mich Luke Skywalker vom Frühstücksbrettchen an, wenn ich mir Butterbrote schmiere. Aber mittlerweile, ob machtbedingt oder nicht, hat sich der Wind gedreht. Disney und Lucasfilm haben in den letzten Jahren einen nicht enden wollenden Strom an Weltraumschrott fabriziert. Insbesondere die Serie Acolyte hat mich nicht nur mit den Schultern zucken lassen. Sie schockierte mich.
Bei all den simpelsten Amateurfehlern vom Writing bis zu den haarsträubenden Effekten in der Serie, fragt man sich, ob Teile des 200 Millionen US-Dollar schweren Produktionsbudgets nicht in einen Sarlacc geworfen wurden. Deswegen hat die Veröffentlichung der neuesten Star-Wars-Serie Skeleton Crew nicht gerade eine Schneise in Disneys unüberschaubaren Content-Dickicht geschlagen.
Skeleton Crew wurde von Anfang an als Kinderserie vermarktet. Das hat mich und viele meiner Freunde bereits abgeschreckt. Aber jede PR ist gute PR. Daher ist das Schlimmste daran, dass nicht einmal eingefleischte Star-Wars-Fans mitbekommen haben, dass die Serie gestartet ist. Da half auch das prominente Gesicht von Jude Law nicht. Ehrlich gesagt hatte ich nicht einmal einen blassen Schimmer, wofür „Skeleton Crew“ steht. Eine Suchmaschine spuckte mir die Antwort aus: Skeleton Crew bedeutet „Rumpfbesatzung“.
So nennt man die absolute Mindestanzahl an Leuten auf einem Schiff oder einer Organisation, die nötig ist, um den Laden am Laufen zu halten. Was für ein famoses Wort ist eigentlich „Rumpf“? Ein Juwel der deutschen Sprache, verdichtet in fünf unterschiedliche Buchstaben. Vielleicht wäre Skeleton Crew zumindest in Deutschland erfolgreicher gelaufen, wenn die Serie mit „Rumpfbesatzung“ übersetzt worden wäre. Oder Gerippe-Bande. Skelettmannschaft?
Wahrscheinlich nicht. Aber schlimmer hätte es kaum kommen können. Mit dem Abschluss der ersten Staffel steht es fest: Skeleton Crew ist die erfolgloseste Star-Wars-Serie aller Zeiten. Aber wie kann das sein? Es geht darin um vier Kids vom mystischen Planeten At Attin. Eines schicksalsreichen Tages werden sie in ein Abenteuer gerissen, das sie mit Weltraumpiraten ringen lässt, die es auf Schiffe, Schätze und Spelunken abgesehen haben. Goonies im Weltraum, kritisieren die Älteren unter uns, Stranger Things in schlecht, scherzen die Jüngeren.
Vielleicht ist es nur die Quittung für Serien wie Acolyte, Book of Boba Fett und Kenobi, die allesamt Rohrkrepierer waren. Mich durchdringt manchmal das üble Gefühl, dass Disney und Lucasfilm das einst beliebteste und kostbarste Franchise der Welt nur mit einer Rumpfbesatzung betreibt.
Aber wie ist die Serie denn? Hat sie all die Häme verdient?
Mitnichten!
Skeleton Crew ist zauberhaft.
Erfindet sie das Steuerrad in irgendeiner Weise neu? Nein. Aber ist sie endlich mal wieder eine eigenständige und rasante Star-Wars-Serie, die weder den Kopf noch den guten Geschmack beleidigt und dabei nicht nur auf Nostalgie und die Skywalker-Saga setzt? Aye! Zumindest ist sie eine Zwischenmahlzeit bis wir uns im April die zweite Staffel der aktuell einzigen sehenswerten Star-Wars-Serie einverleiben können: Andor. Der Rest geht mir ehrlich gesagt am Rumpf vorbei*.
*Wie kann eigentlich ein so klangvolles Wort wie Rumpf den Oberkörper bezeichnen und nicht den Allerwertesten?
Bilder: Alper K. Turfan