„Die eigene Idee auf den Punkt bringen“
Tino Kreßner, Mitgründer der Crowdfunding-Plattform Startnext
flin: Herr Kreßner, was sind die drei wichtigsten Erfolgsfaktoren für das Crowdfunding?
Kreßner: Erstens: Die eigene Idee auf den Punkt bringen. Zweitens: Die Macher und das Projekt authentisch in einem Pitch-Video vorstellen. Drittens: Die Idee in die Welt hinaustragen und die passende Zielgruppe für das Projekt ansprechen.
Wie gewinnen Gründer die „Crowd“ für ihre Projekte?
Geldgeber beim Crowdfunding fragen nicht nach Rendite oder kurzfristigen Rückzahlungen. Sie geben Geld für ein Projekt, weil sie das Produkt oder die Idee gut finden. Sie fragen nicht nach Business-Plänen, sondern hinterfragen Produktionsbedingungen, interessieren sich für die verwendeten Materialien und die Menschen hinter dem Projekt.
Welche Ideen werden von der Plattform Startnext gefördert?
Startnext fördert besonders nachhaltige Gründungen, reflektierte und transparente Produktionsprozesse und gibt Unternehmern die Chance, ihre wirkungsorientierte Idee in den Fokus zu stellen – nicht ihre geplante Rendite.
Welche finanziellen Risiken gibt es beim Crowdfunding?
Das gegenleistungsbasierte Crowdfunding auf Startnext ist darauf ausgelegt, für beide Seiten so risikofrei wie möglich zu sein. Die während des Finanzierungszeitraums eingesammelten oder zugesagten Gelder werden nach dem Alles-oder-nichts-Prinzip ausgezahlt. Bis zum Erreichen des Finanzierungsziels werden sie treuhänderisch verwaltet. Wenn das Finanzierungsziel nicht erreicht wird, erhalten die Unterstützer ihr Geld zurück.
Unterstützern wird oft eine Gegenleistung versprochen. Dürfen sie sich darauf verlassen?
Crowdfunding ist kein Onlineshop. Im Crowdfunding werden Menschen unterstützt, ihre Ideen und Projekte umzusetzen. Auf dem Weg können neue, unbekannte Herausforderungen entstehen und so zu Lieferverzögerungen führen. Unterstützer sollten damit rechnen, dass die angegebenen Lieferzeiten nicht immer eingehalten werden.
Was lehrt uns die Pandemie?
Im coronabedingten Lockdown hat Startnext gezeigt, dass Crowdfunding ein partizipatives, schnelles und unbürokratisches Instrument ist, unsere Wirtschaft zu stärken. In Hilfsaktionen wurden innerhalb neun Monaten circa 20 Millionen Euro an rund 2.200 Projekte verteilt – von 225.000 Unterstützern gemeinsam mit privatwirtschaftlichen Unternehmen.
Crowdfunding liegt im Trend – wo geht die Reise hin?
Die Beträge, die in Deutschland durch Crowdfunding erreicht werden, sind für viele Vorhaben noch zu klein. Relevante Markteintritte können darum durch Crowdfunding alleine nicht ermöglicht werden. Darum müssen wir Crowdfunding mit anderen Finanzierungsinstrumenten verknüpfen, etwa mit Sponsoring oder Bankkrediten. Dann stoßen aber oft bürokratische Prozesse auf das innovative und agile Crowdfunding.
Welche Kampagne hat Sie persönlich besonders berührt?
Es ist schwer zu beantworten, welches Projekt mich am meisten berührt hat, weil es über die Jahre so viele Facetten von Emotionen geworden sind. Als ehemaliger Filmemacher bin ich stolz auf das Projekt „WEIT. Die Geschichte von einem Weg um die Welt“, das 2017 zur erfolgreichsten Kino-Dokumentation Deutschlands wurde. Der Film erzählt von einer außergewöhnlichen Reise um die Erde. Ohne zu fliegen und mit einem kleinen Budget in der Tasche erkunden die Protagonisten über drei Jahre die Welt.