Fermentieren ist mehr als ein herbstlicher Hipster-Trend. Die uralte Methode, die früher nur in Omas Keller stattfand, erlebt ein Comeback. Heute tummeln sich in studentischen WG-Küchen Weckgläser im Regal, gefüllt mit Gurken, roter Bete und geraspelten Karotten. Wie funktioniert Fermentation eigentlich und kann dabei was schiefgehen?
Fermentieren ist kinderleicht: Lieblingsgemüse schnippeln, in einem sterilen Gefäß mit Salzwasser bedecken und warten. Wie von selbst verwandelt sich Weißkohl in Sauerkraut, und Radieschen, Gurken und geraspelte Karotten werden mit der beliebten säuerlichen Note veredelt. Das Fermentations-FAQ des flin-Magazins erklärt, was biochemisch dahintersteckt und wie Sie Fermentations-Fehler vermeiden.
Was ist Fermentation eigentlich?
Beim Fermentieren wandeln Bakterien, Hefen oder Pilze organische Stoffe um. Zu organischen Stoffen zählen sowohl Pflanzen als auch tierische Substanzen. Wie die Mikroorganismen ihr Werk vollbringen, ist verschieden. Unterm Strich wandeln sie meist einen im Gemüse vorkommenden Zucker in eine Säure um. Bei (industriell) hergestelltem Sauerkraut, dem wohl berühmtesten fermentierten Gemüse, ist es das Bakterium Leuconostoc mesenteroides.
Wann wurde die Fermentation entdeckt?
Fermentation ist eine steinalte Methode, um Lebensmittel haltbar zu machen. 7.000 vor Christus wurde aus Trauben der erste Wein, 6.000 vor Christus aus Milch der erste Käse hergestellt. Obwohl damals niemand etwas von Biochemie verstand, war die Fermentation für die Menschen ein Segen. Ohne Kühlschrank verdarben Lebensmittel schnell.
Wo kommen beim Fermentieren die Bakterien her?
Die Bakterien sind schon am Gemüse dran und müssen nicht, wie beim Joghurtmachen, extra hinzugefügt werden. Sie vermehren sich während des Fermentationsprozesses von selbst. Um unliebsamen Bakterien keinen Nährboden zu bieten, empfiehlt sich, die Fermentations-Gefäße vorab auszukochen oder im heißen Backofen zu sterilisieren.
Warum Salz fürs Fermentieren und wie viel?
Die Daumenregel ist eine 2- bis 2,5-prozentige Salzlake. Dafür etwa 10 Gramm Salz in einem halben Liter Wasser auflösen. Beim Sauerkrautherstellen wird der geraspelte Weißkohl vorab mit Salz geknetet, um die Zellwände aufzubrechen. Das Verhältnis bleibt gleich: 1 Kilo Kohl = 20 Gramm Salz. Das Salz verhindert das Wachstum von Schimmelpilzen und schafft eine Wohlfühloase für Fermentationskulturen wie den Leuconostoc mesenteroides.
Warum muss das Gemüse „untertauchen“?
Im Gefäß sollte das eingelegte Gemüse von Wasser bedeckt sein. Die meisten Fermentationsprozesse finden anaerob statt – unter Sauerstoffausschluss. Das Gemüse im Glas am besten mit Gewichten beschweren und so unter Wasser halten. Fermentationsneulinge müssen sich allerdings keine teuren Glasgewichte kaufen. Untertassen, Eierbecher & Co erfüllen meist ihren Zweck.
Sollte das Fermentationsgefäß luftdicht sein?
Das Fermentationsgefäß darf Luft hinaus- aber nicht hineinlassen. Denn wenn die Mikroorganismen Zucker in Säure umwandeln, entsteht Kohlenstoffdioxid (CO2). Das überschüssige Gas sollte entweichen, neue Luft von außen aber nicht hineingelangen, damit Schimmelpilze mit dem zusätzlichen Sauerstoff an der Oberfläche nicht ihr Unwesen treiben. Optimal sind Bügelgläser mit Gummiring.
Wann ist das fermentierte Gemüse „fertig“?
Je nach Gemüsesorte ist die Fermentation meist nach zwei bis vier Wochen abgeschlossen. Bei Sauerkraut sind es sechs bis acht Wochen. Lagertemperatur und der Salzgehalt bestimmen, wie schnell die Mikroorganismen ihr Werk vollbringen. flin-Magazin empfiehlt, das Geschehen im Glas aufmerksam zu beobachten. Steigen Bläschen (CO2) auf, ist die Fermentation noch in vollem Gange. Hat das Gemüse Farbe verloren und riecht leicht säuerlich, ist das ein Zeichen dafür, dass die Fermentation abgeschlossen ist.
Bevor Sie den Gemüsehobel zücken: Probieren Sie neben Klassikern wie Sauerkraut doch auch einmal Rezepte anderer Kulturen aus! In Korea darf das Nationalgericht „Kimchi“, eingelegtes Gemüse, bei keiner Mahlzeit fehlen. In der Ukraine werden Äpfel im Ganzen fermentiert, eine traditionelle Spezialität an kalten Wintertagen.
Bilder: Lena Kube, Mical Tindell